Neuigkeiten zur Gedenkstätte "Perm 36"

Einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung in Moskau und Perm Anfang September 2015 äußern sich in einem Video der "Novaya Gazeta" kritisch zum Zustand des Gedenkens in der Gedenkstätte "Perm 36".


In Anschluss daran finden sich die Übersetzungen von zwei zentralen Ausstellungstexttafeln der neuen Ausstellungen der Gedenkstätte, an denen die Ausrichtung des veränderten Narrativs sehr deutlich wird.

Ausstellungstext "Zerbrochen durch Bruchholz" in der Gedenkstätte "Perm 36", 9. September 2015
Ausstellungstext "Zerbrochen durch Bruchholz" in der Gedenkstätte "Perm 36", 9. September 2015

Übersetzung des Ausstellungshaupttextes


Ministerium für Kultur, Jugendpolitik und Massenmedien der Region Perm

Staatliche autonome Kulturstiftung „Gedenkstätte für politische Verfolgung“


Ausstellung „Zerbrochen durch Bruchholz“


Eine der Schlüsselindustrien der Region Perm ist der Holzindustriekomplex, der auf die Nutzung der reichen Ressourcen des Gebiets Obere Kama basiert. Die Region Perm ist seit langem durch ihren Waldreichtum bekannt. Zwei Drittel des regionalen Territoriums nehmen Tannen- und Fichtenwälder sowie Mischwald ein. Die Region ist reich auch an Flüssen.

Der Hauptfluss heißt Kama, der zweitlängste Fluss ist die Tchussowaia.

Die Arbeit der Waldarbeiter und Holzflößer war immer hart und gefährlich und der Arbeit von Bergleuten gleichgestellt. Es mangelte der Holzindustrie stets an Personal, deswegen zog man außer Lohnarbeitern für die Holzbeschaffungsarbeiten und zum Holzflößen auch Lagerhäftlinge und das Spezialkontingent heran.

Der GULAG wurde als Zwangsarbeitssystem im großen Maßstab geschaffen. Die GULAG-Häftlinge arbeiteten hauptsächlich in den Volkswirtschaftsbranchen, in denen es entweder schwerfiel oder es unmöglich war, Lohnarbeiter heranzuziehen. In den 30er und 40-er Jahren waren GULAG-Häftlinge im Molotow-Gebiet hauptsächlich beim Bau von Industriekombinaten und bei der Rohholzgewinnung beschäftigt.

Spezialumsiedler (Arbeitsverbannte) – das sind diejenigen, die während der Kollektivierung enteignet und in wenig erschlossene Gebiete, sowie diejenigen, die wegen ihrer nationalen Zugehörigkeit und anderer Kriterien umgesiedelt worden waren. Nach verschiedenen Schätzungen machten die Spezialaussiedler in den 30er und 40er Jahren zwischen 50% und 95% der Arbeiter der Holzwirtschaft des Uralgebiets aus.

Während des Großen Vaterländischen Krieges brauchte die Rüstungsindustrie der UdSSR viel mehr Holzerzeugnisse für die Rote Armee. Die Front brauchte Spezialbehältnisse, ohne die Munition nicht transportier werden konnte, Ski, Schlitten, Schaufelstiele, Gewehr- und Maschinengewehrschäfte, Pontongeräte, Holme und andere Flugzeugteile, Deckbootsmaterialien. Aber das Hauptproblem war der Mangel an qualifiziertem Personal, denn viele zivile Facharbeiter aus den Reihen der Lohnarbeiter waren zur Armee einberufen worden. Außerdem war der Großteil der Maschinenholztechnik auch für die Front mobilisiert worden.

Durch die NKWD-Richtlinie vom 17. Juli 1941 schlug man allen Waldlagern vor (sic), Möglichkeiten zu finden, massenhaft Holzprodukte für Militärzwecke zu erzeugen. Der Staat erteilte hauptsächlich folgende Aufträge für die Waldlager des Ural:

 

· Flugzeugkiefernholz für Flugzeugindustrie;

· Deckholz, Pontonholz für den Schiffbau und den Bau von Pontonbrücken;

· Flugzeugfurnierholz aus Birke für die Herstellung von Flugzeugsperrholzkonstruktionen und -einzelteilen;

· Birkenholz für Ski, Skirohlinge (Rohblock) für die Skiherstellung;

· Gewehrschaftrohlinge, obere Handschutze für die Herstellung von Gewehr- und Maschinengewehrholzkolben usw.

 

Das Holzfällen erfolgte in Handarbeit, als Hauptwerkzeuge gebrauchte man Bogensäge, Axt, und Bauchsäge. Die Holzbeförderung erfolgte mit Fuhrwerken, der Abtransport meistens auch. Die Ausladung und Stapelung des Holz erfolgte ausschließlich manuell. Die Trift geschah auch hauptsächlich manuell.

Die überschweren Bedingungen und Wichtigkeit des Endergebnisses machen den Beitrag zum Sieg über das faschistische Deutschland sowie auch zum Nachkriegsaufbau des Landes der freien Bürger, der Spezialumsiedler und der Häftlinge, die beim Holzflößen und -fällen gearbeitet haben, gleichrangig. Der Preis des Sieges waren die Gesundheit und die Leben von vielen Tausend freien Bürgern und von zu Recht oder Unrecht Verurteilten. Grundlage des Sieges war der „vom Bruchholz zerbrochene“ Mensch, (Zitat aus dem Lied von Aleksander Rosenbaum „Holzflößen“).

 

Die Fotos wurden von der Staatskulturstiftung „Landeskundliches Museum der Region Perm“ zur Verfügung gestellt.

Die Dokumente wurden von der Staatskulturstiftung „Staatsarchiv für neueste Geschichte der Region Perm“ zur Verfügung gestellt.

Die Ausstellungsstücke wurden aus dem Bestand der staatlichen autonomen Kulturstiftung „Gedenkstätte für politische Verfolgungen“ der Region Perm zur Verfügung.

Ausstellungstafel "Im Namen der Heimat" in der Gedenkstätte "Perm 36", 9. September 2015
Ausstellungstafel "Im Namen der Heimat" in der Gedenkstätte "Perm 36", 9. September 2015

Übersetzung


Im Namen der Heimat!

Die Heldentat des sowjetischen Volkes, das den Faschismus besiegte, ist das Hauptereignis nicht nur des 20. Jahrhunderts, sondern auch der ganzen Geschichte der Menschheit. Das multiethnische Volk der UdSSR näherte sich dem Tag des großen Sieges sowohl auf den Schlachtfeldern als auch im Hinterland.


Hohen geistige Qualitäten zeigten die Menschen hinter dem Stacheldraht des GULAG unter dem allgemeinen Motto „Alles für die Front, alles für den Sieg!“.


In den Jahren des Krieges haben die Häftlinge des GULAG mehr als 55 Mio. Kilometer Holz geschlagen, mehr als 22 Mio. Uniformeneinheiten genäht und 2,5 Mio. Paare verschiedener Schuhe‚ mehr als 2 Mio. Sätze Trikotagen, 500.000 Decken, 70.000 Pelzjacken hergestellt. Sie entwarfen Panzer und Flugzeuge, Artilleriesysteme und Kommunikationstechnik, förderten Bodenschätze, bauten Militärflugplätze, Eisenbahnstrecken und Straßen, züchteten Vieh und landwirtschaftliche Produkte. Die Unternehmen des GULAG stellten in den Kriegsjahren 47 Mio. Handgranaten, 37,7 Mio. Splitter- und 35 Mio. Splitter-Sprengminen, 15 Mio. Panzerabwehrminen sowie mehr als 120.000 Sorten Fliegerbomben und vieles anderes, was notwendig für die Front war, her.


In den Verteidigungsfonds des Landes flossen zwischen 1941 und 1944 über 30 Mio. Rubel persönlicher Spenden von Häftlingen.


In den geschlossenen Konstruktionsbüros des NKVD («Sharashka») arbeiteten für den Sieg die Gelehrten und Ingenieure A.N. Tupolev, S.P. Korolev, V.M. Petljakov und B.S. Stetchkin.


In den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges wurden aus dem GULAG in die Rote Armee etwa 1 Mio. Menschen eingezogen. Am 12. Juli 1941 wurden Verordnungen über die vorfristige Entlassung der Häftlinge veröffentlicht, die wegen Arbeitsversäumnissen, Haushalts- und geringfügigen Verbrechen, sowie die wirtschaftlichen Verbrechen verurteilt worden waren. Es war untersagt, die wegen konterrevolutionärer Verbrechen Verurteilten (sogenannte politische, die eine Strafe nach dem traurig berühmten Artikel № 58 StGB ableisten) sowie professionelle Verbrecher, Banditen und Rückfalltäter zu entlassen. Alle Entlassenen im Einberufungsalter hatten in der Roten Armee zu dienen.


Viele der an die Front geschickten haben auf den Schlachtfeldern Mut gezeigt und wurden auch mit Orden und Medaillen der UdSSR ausgezeichnet. Die ehemaligen Häftlinge А.М. Matrosov, V.E. Breusov, A.I. Otstavnov, I.Ja. Serzantov und V.M. Efimov wurden Helden der Sowjetunion.


Die dankbaren Nachkommen sollen sich und an diese Seite unserer Geschichte erinnern, an die Heldentaten dieser Menschen.

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