von Sabine Stach, Deutsches Historisches Institut, Warschau
Immer häufiger ist in den letzten Jahren von einer erinnerungskulturellen Wende hinsichtlich der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft die Rede. In Deutschland wird nicht nur im wissenschaftlichen Diskurs über ein "neue[s] Unbehagen an der Erinnerungskultur" [1] debattiert. Auch in der medialen Öffentlichkeit wurden wir jüngst Zeugen gezielter Angriffe auf den bisherigen bundesrepublikanischen Erinnerungskonsens. [2] Ebenso hat die Geschichtspolitik in Polen mit dem Regierungswechsel 2015 eine deutliche Verschärfung erfahren, wie etwa die omnipräsente Kritik an der (falschen, aber durchaus nicht omnipräsenten) Bezeichnung "polnische Konzentrationslager" zeigt. Diese aktuellen Entwicklungen fallen zusammen mit einem nicht zu vernachlässigenden Fakt: Dem Sterben der Zeitzeugen und dem Auftreten neuer Generationen, die ihrerseits neue Medien und neue Bedürfnisse mitbringen.
Haben wir es also mit einer Zäsur zu tun? Und wenn ja, welche Folgen hat dies für die Arbeit von Gedenkstätten an Orten von NS-Verbrechen? Vor welchen Herausforderungen stehen die "authentischen Orte" und was lässt sich über ihren Funktions-, Formen- und Bedeutungswandel in Vergangenheit und Zukunft sagen? Diesen Problemen widmete sich eine deutsch-polnische Tagung, die anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges vom Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften und der Gedenkstätte Sachsenhausen gemeinsam organisiert worden war und deren Beiträge der vorliegende Band versammelt.