Reaktionen zu: Nach Auschwitz. Schwieriges Erbe DDR

UPDATE: Inzwischen ist 2021 eine zweite Auflage erschienen. Hier sammle ich die Reaktionen und Verweise auf den Sammelband "Nach Auschwitz: schwieriges Erbe DDR", den ich gemeinsam mit Anette Kahana, Martin Jander und Patrice G. Poutrus herausgegeben habe.


Von Cornelius Wüllenkemper:

"Wieso ist der Zuspruch für rechtspopulistische Strömungen im Osten Deutschlands derzeit besonders groß, das Vertrauen in die Volksparteien dafür umso kleiner? Eine aktuelle Studie scheint den zunehmenden Wunsch nach einer autoritären Führung zu belegen. Historiker suchen nach geschichtlichen Ursachen für die Konjunktur demokratiefeindlicher Positionen. [...]

Wie wenig die Idee einer entnazifizierten DDR-Gesellschaft dabei der Realität entsprach, untersucht derzeit der Historiker Enrico Heitzer von der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Berlin. 

 

„Man sieht es ja in der DDR auch an den jüngeren Forschungen, dass es auch immer wieder manifeste rassistische Vorkommnisse gegeben hat, also Übergriffe auf Fremde oder als fremd wahrgenommene Menschen. Das hat etwas mit neuen Prägungen zu tun, mit Reaktionen auf neue Erfahrungen, aber sicher auch mit dem Weiterwirken alter mentaler Dispositionen. Beispielsweise in den 80er-Jahren waren von den sogenannten „Hetze-Fällen“, die das Ministerium für Staatssicherheit registriert hat, 20 Prozent rechts. Und es gibt interne Erhebungen am Ende der DDR, die tausende Leute einem rechtsradikalen Spektrum zuordnen.


Von Cornelius Wüllenkemper:
"Demokratiekrise in Ostdeutschland? Die Geschichte holt die Gegenwart ein

 

Heuer wird in drei ostdeutschen Bundesländern gewählt. Die Ergebnisse werden mit großer Spannung erwartet. Denn im Osten ist der Zuspruch für rechtspopulistische Strömungen derzeit besonders groß, das Vertrauen in Demokratie und große Volksparteien dafür umso kleiner. Die demokratie- und offen ausländerfeindlichen Demonstrationen in Cottbus, Chemnitz oder Dresden und die Wahlerfolge der Alternative für Deutschland sind dafür ein Indikator. Man beschwört die "deutsche Volksgemeinschaft", fühlt sich von der "Lügenpresse" und "der Politik" verraten, bedroht von der "Islamisierung". Ist der seit dem Mauerfall vor fast dreißig Jahren aufkeimende Rechtsradikalismus nur eine Folge sozialer Abstiegsängste?

Historiker suchen nach den Ursachen für die Konjunktur autoritärer und demokratiefeindlicher Positionen. Ein wichtiger Aspekt dieser neuen Untersuchungen ist, wie die Staaten nach 1945 mit dem Erbe der Hitler-Diktatur umgegangen sind und welche Folgen das bis heute hat. Wie wirkt der Mythos Antifaschismus der DDR weiter? Welche Rolle spielt dabei das Gefühl, ein Opfer der Geschichte zu sein? Und wieso zieht es ehemalige Bürgerrechtler aus der DDR heute ins rechte Lager?"


"Die Forderung nach einem "Paradigmenwechsel", die bereits im Titel erhoben wird, mag etwas überspitzt sein: Ohne Zweifel schafft der Band ein Bewusstsein dafür, die DDR-Geschichte unter der stärkeren Berücksichtigung der zeitlichen Nähe zum Nationalsozialismus anders lesen (und schreiben) zu können. Der Band benennt zugleich Forschungsdesiderate, die zweifellos stärker bearbeitet werden sollten. Dass nicht alle Beiträge den ausgerufenen "turn" einhalten, zeigt auf, wie sehr sie in bisheriger Forschung verankert sind bzw. wo die bisherige Forschung bereits viel geleistet hat. Nicht ganz deutlich wird demgemäß, an wen genau sich der Appell eigentlich richtet: Ist das Plädoyer als Entgegnung auf die gerade stark boomende Transformationsforschung zu verstehen, die in - ihrer schlechten Ausführung -, Rechtsextremismus als puren Reflex auf die verunsichernde Zeit des Umbruchs verharmlost? Oder adressiert er die von Rudnick beschriebene Erinnerungs- und Aufarbeitungskonkurrenz der NS- bzw. DDR-Gedenkstätten, die kürzlich auch auf einer Tagung in der Amadeu Antonio Stiftung besprochen wurde? [1] Paradigmenwechsel hin oder her: Der Sammelband bietet mit einigen sehr erkenntnisreichen Beiträgen einen Überblick über viele Themenbereiche und lädt zu einer neuen Lesart der DDR-Geschichte ein."


Eine gute Rezension, über die ich mich sehr freue. Vielen Dank für die genau Lektüre 

"30 Jahre nach der Herbstrevolution scheint es an der Zeit, kritisch zu prüfen, was von der DDR übrigblieb, wie in der DDR Geschichte (z.B. der Nationalsozialismus, der Antisemitismus oder der Antifaschismus) tradiert wurde, wie diese Traditionen bis ins Heute nachhallen und wie das, was zum gesellschaftlichen und politischen Erbe aus DDR-Zeiten zu gehören scheint, aus dem Blick der heutigen Zeitgeschichtsforschung zu bewerten ist. Das heißt nicht, dass es solche wissenschaftlichen Bewertungen nicht schon längst gebe. Google Scholar weist unter dem Suchbegriff „DDR-Geschichte“ mehr als 4.400 Quellen aus (ohne Zitate). Aus der Sicht der Herausgeber/innen des vorliegenden Bandes mangelt es aber bisher an einer ideologiekritischen Auseinandersetzung mit dem Erbe der DDR, an einer „kritischen Reflexion langer Linien deutscher Geschichte, ihrer Einordnung in transnationale Entwicklungszusammenhänge und Betrachtungen von Verbindungen zur Gegenwartsgesellschaft“ (S. 12). Große Teile der (alten) bundesdeutschen Zeitgeschichtsforschung hätten dagegen in der Vergangenheit ihre Kritik an der SED-Diktatur eher zur Unterfütterung eines deutschen Nationalismus genutzt. [...]

Die mutige Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane (Wirkung eines Tabus: Juden und Antisemitismus in der DDR), schildert im zweiten Beitrag am Beispiel ihrer Eltern, wie jüdisches Leben und jüdisches Sterben in der DDR unsichtbar gemacht wurden. „Nach der Logik des Klassenkampfes in der DDR war Jude, wer an Gott glaubte. Und wer das tat, tat es freiwillig und entzog sich dem aufgeklärten Geist des historischen Materialismus. Damit war die Person gleichsam reaktionär, denn Religionen dienten vermeintlich immer der Unterdrückung und Manipulation der Massen“ (S. 39 f.). Diese, in weiten Teilen zutreffende, These zeigt eines der Elemente, auf die sich die von den Herausgeber/innen angestrebte neue Debatte über die DDR beziehen sollte. Dass das Judentum und die Shoah in der DDR tabuisiert wurden, haben Wissenschaftler/innen lange beklagt. 

[...]

Enrico Heitzer macht im vierten Beitrag (DDR-Systemgegnerschaft von rechts) auf ein weiteres Element für eine neue Perspektive im Umgang mit der DDR-Geschichte aufmerksam, auf die in der DDR existierende Systemgegnerschaft von rechts. So gab es bis in die erste Hälfte der 1950er Jahre gewaltförmige Aktivitäten rechtsorientierter DDR-Bürger gegen das SED-Regime. Und eine Arbeitsgruppe des DDR-Innenministeriums zählte Ende der 1980er Jahre mehr als 15.000 Personen, die sich in diesen Milieus bewegten und zu denen jugendliche Skinheads, Faschos und gewaltbereite Fußballfans ebenso gehörten wie latente Antisemiten und Rechtsextreme unterschiedlichen Alters. Derartige Systemgegnerschaften verweisen auch auf die Wurzeln extrem rechter und rechtspopulistischer Bewegungen, die in Ostdeutschland gegenwärtig wieder „fröhliche Urständ“ feiern.

[...]

Das Buch ist, wie schon angemerkt, ein Plädoyer für einen Paradigmenwechsel, noch nicht die Vorstellung eines neuen Paradigmas. Das alte Paradigma, das überwunden werden soll, wird nur hin und wieder angedeutet; das neue angestrebte taucht aber in vielen Facetten oder Elementen in den einzelnen Beiträgen auf. Der Rezensent konnte allerdings – aus Platz- und Kompetenzgründen – auf nur einige inhaltliche Schwerpunkte eingehen. Es steckt noch viel mehr in diesem sehr lesenswerten und quellenreichen Buch. Historiker/innen, Pädagog/innen, Sozial- und Politikwissenschaftler/innen und vielen anderen Interessentinnen und Interessenten sei das Buch empfohlen; auch wenn es fast unverschämt teuer ist.

 

Weiterlesen bei Socialnet.


"In der Bundesrepublik hatte es mehr als zwei Jahrzehnte gedauert, bis erstmals Fragen zur Kontinuität des Nationalsozialismus gestellt wurden. Die Gegenwart zeigt, dass von „Aufarbeitung“ weiterhin kaum gesprochen werden kann. In der DDR, dem Staat des selbsternannten „Antifaschismus“, welcher sich vor allem als ein überzeugter „Antizionismus“ erwies, war dieses Fragen 40 Jahre lang nicht möglich. Der verbale „Antifaschismus“ war zuvörderst eine „Staatsräson“ (Christoph Classen in einem Buchbeitrag), ein selbststabilisierender Mythos, der mehrere Jahrzehnte lang eine offene gesellschaftliche Aneignung des verbrecherischen Erbes verunmöglichte – auch und gerade in der DDR… [...]

Im vorliegenden Sammelband, zu dem 22 Autoren Fachkundiges insbesondere zum unaufgearbeiteten nationalsozialistischen Erbe der DDR beitragen, findet sich viel lesenswertes Material und neue Entdeckungen.

 

Anetta Kahane, eine der vier Herausgeberinnen, schreibt über „Wirkung eines Tabus: Juden und Antisemitismus in der DDR“: Der Massenmord an den Juden war nie ein Thema in der DDR. Jüdisches Leben wurde unsichtbar gemacht, den organisierten Judenmord hatte es aus ideologischen Gründen nie gegeben. Rechtsextreme und rechtspopulistische Bewegungen in der DDR, wie er im Band vielfältig belegt wird – etwa durch Enrico Heitzer: „DDR-Systemgegnerschaft von rechts“ – , wurde verleugnet: „Langsam verschwand sogar das Wort Jude. Der Antisemitismus blieb unangetastet.“ In dichter, authentischer Weise erzählt Kahane vom Versuch ihrer jüdischen Eltern, als „Kind aus dem Getto“ in der DDR Anerkennung zu finden. Ihr Vater durfte als Journalist über den Nürnberger Prozess berichten, später über den Eichmann-Prozess. Alle kommunistischen Rückkehrer spürten ihre Überwachung als verdächtige Juden. Als „Zionist“ durfte ihr Vater auf keinen Fall gelten. Ihre Mutter, die Auschwitz gesehen hatte, fand eine Nische als Malerin. Als Anetta Kahane einen Ausreiseantrag stellte sprach ihr Vater lang nicht mehr mit ihr. Auf einer stärker theoretischen Ebene beschreibt Kahane in einem zweiten Aufsatz, wie sich die ideologisch motivierte Schuldabwehr in der DDR in eine „völkische Propaganda“ verwandelt hat."


"Das Anliegen, die »Nachwirkungen des Nationalsozialismus» in der SBZ/DDR beleuchten zu wollen, klingt zunächst ehrenwert. Schließlich schreit die nunmehr bereits seit Jahrzehnten siegergesponserte »DDR-Zeitgeschichtsforschung« nach Alternativen zur ewigen Unrechtsstaat-Rhetorik, nach Wahrheit, auch nach einer vernunftgeprägten Würdigung des »verordneten Antifaschismus«. Insofern würde der nun vorliegende Sammelband mit Beiträgen zur Tagung »Nach Auschwitz: Schwieriges Erbe DDR« bestens passen, sozusagen als anregender Farbtupfer in der öden Schwarz-Weiß-Landschaft der DDR-Demontage, hätten sich seine Autoren der Thematik tatsächlich differenziert und vorurteilsfrei angenähert. Das geschah nicht."

 


"Die Herausgebenden gehen davon aus, dass die kritische Auseinandersetzung

mit den nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Vor- sowie Nachgeschichte

anhalten müsse, solange die Bundesrepublik Deutschland eine Demokratie bleiben

wolle. Ihre demokratische Kultur speise sich maßgeblich aus der Fähigkeit, kritische

Fragen zum Nationalsozialismus aufzuwerfen und zuzulassen. Hier wird nun der Bogen zur DDR geschlagen [...]. Insgesamt ist der Sammelband aus kulturanthropologischer Perspektive nicht nur aus interdisziplinärer Neugierde, sondern auch deshalb mit Gewinn zu lesen, weil er zahlreiche Hinweise auf Forschungsdesiderate in Themenfeldern liefert, die im Fach relevant sind, wie beispielsweise Gedächtnis und Erinnerung oder Antisemitismus, Migration und Rassismus. Zugleich lädt er vielleicht ebenfalls dazu ein, neue Fragen an die deutsch-deutsche (Nach-)Geschichte der Empirischen Kulturwissenschaft/Kulturanthropologie/Volkskunde zu richten."

Sarah Kleinmann in: Zeitschrift für Volkskunde. Beiträge zur Kulturforschung 2 (2019), S. 314-318


"Die Zusammenstellung des Sammelbands ist äußerst heterogen, ja wirkt hier und da sprunghaft.  Einzelne vereinfachende Formeln [...] halten nicht das Reflexionsniveau der meisten Beiträge. Und eine resümierende Passage Anetta Kahanes über die weiteren Voraussetzungen der Demokratie in "Neufünfland" lenkt das Augenmerk auf eine bedeutsame Leerstelle: Wenn es für tatsächlich auf langfristige nachholende zivilgesellschaftliche Verarbeitungsprozesse der Naziverbrechen ankommt, so wären hier Studien zum ,,Antifaschismus von unten", von den 1980er Jahren bis in die Gegenwart der

Ostbundesländer, äußerst wünschenswert gewesen. 

Neue Blickwinkel auf DDR- und BRD-Geschichte und auch die Historisierung der Nach-,,Wende"-Zeit sind, das wird hier offensichtlich, auf fachlicher Ebene schon lange möglich - von einer Überforschung der komplexen ,,Verflechtungsgeschichte" kann aber keine Rede sein Wer an den Entstehungsbedingungen einer reflektierten und p1uralistischen politischen Kultur in Deutschland interessiert bleibt und Zeitgeschichte dabei weiterhin für relevant hält, kommt ungeachtet der benannten Defizite an diesen Befunden nicht vorbei."

Norbert Reichling in: Außerschulische Bildung. Zeitschrift der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, 2/2019, S. 64f.


"Die Forderung nach einem "Paradigmenwechsel", die bereits im Titel erhoben wird, mag etwas überspitzt sein: Ohne Zweifel schafft der Band ein Bewusstsein dafür, die DDR-Geschichte unter der stärkeren Berücksichtigung der zeitlichen Nähe zum Nationalsozialismus anders lesen (und schreiben) zu können. Der Band benennt zugleich Forschungsdesiderate, die zweifellos stärker bearbeitet werden sollten. Dass nicht alle Beiträge den ausgerufenen "turn" einhalten, zeigt auf, wie sehr sie in bisheriger Forschung verankert sind bzw. wo die bisherige Forschung bereits viel geleistet hat. Nicht ganz deutlich wird demgemäß, an wen genau sich der Appell eigentlich richtet: Ist das Plädoyer als Entgegnung auf die gerade stark boomende Transformationsforschung zu verstehen, die in - ihrer schlechten Ausführung -, Rechtsextremismus als puren Reflex auf die verunsichernde Zeit des Umbruchs verharmlost? Oder adressiert er die von Rudnick beschriebene Erinnerungs- und Aufarbeitungskonkurrenz der NS- bzw. DDR-Gedenkstätten, die kürzlich auch auf einer Tagung in der Amadeu Antonio Stiftung besprochen wurde? [1] Paradigmenwechsel hin oder her: Der Sammelband bietet mit einigen sehr erkenntnisreichen Beiträgen einen Überblick über viele Themenbereiche und lädt zu einer neuen Lesart der DDR-Geschichte ein."


"Ein unabgegoltenes Erbe [...]

Einer der besten, doch auch unbequemsten Beiträge stammt vom Spiritus Rector des Bandes, Enrico Heitzer, der, so der Titel, die „DDR-Systemgegnerschaft von rechts“ zum Inhalt hat. Anknüpfend an seine Forschung zur „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“, einer von West-Berlin aus gegen die DDR operierenden Terror-Organisation, zeigt Heitzer, gestützt auf MfS-Akten, dass nicht nur in den Anfangsjahren des Kalten Krieges, sondern durchgängig in der DDR (wie im Westen) ein quantitativ nur schwer zu bestimmender, doch stets fruchtbarer Bodensatz an faschistischem Denken fortdauerte. Heitzer fordert, in künftige Forschungen zur DDR-Opposition nicht nur linkssozialistische, christliche oder bürgerlich-konservative Motive einzubeziehen, sondern auch den Altnazismus, der sich illegal zum Neonazismus transformierte. Ergänzend sei angemerkt, dass rechtsradikal Gesinnte in der DDR sich oft in der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) sammelten. Man fand sie auch unter niederen Chargen in der Nationalen Volksarmee oder in den Ordnungsgruppen der FDJ. Schließlich bezogen die in ostdeutschen Gefilden nachgewachsenen Serienmörder des (so die Selbstbezeichnung) „Nationalsozialistischen Untergrundes“ und ihre Komplizen in Thüringen ihre Motivation auch aus ungebrochenen „Heldenerzählungen“ der Großeltern-Generation, von der mehr Angehörige als lange Zeit angenommen dem „Führer“ nachtrauerten. [...]

Der Begriff des Paradigmenwechsels könnte somit in doppelter Bedeutung stehen. Zum einen als Plädoyer für eine mehrdimensionale Zeitgeschichtsschreibung. Zum anderen aber, und dies ist eine Besorgnis erregende Botschaft, geht es mehr denn je darum, einen anderen, einen höchst gefährlichen Paradigmenwechsel nicht zuzulassen: hin zu einer Geschichtspolitik, die zur Entlastung deutscher Faschisten und ihrer europäischen Kollaborateure führt. Sind angesichts heutiger Vorgänge in Ungarn oder Polen, so ist in diesem Kontext zu fragen, Isaac Deutschers Worte von 1946 nur noch eine Mahnung aus einer fernen Vergangenheit? Deutscher warnte damals vor der Möglichkeit, dass statt der Roten Armee dereinst eine antikommunistische „Hyänen-Klasse“ wieder die Macht übernehmen könne. Die Kader dieser kleinbürgerlichen „Lumpen-Bourgeoisie“ stünden „als die brutalsten und entschiedensten Träger einer osteuropäischen Konterrevolution Gewehr bei Fuß“. Doch konnte wohl selbst Isaac Deutscher die Möglichkeit kaum voraussehen, dass diese Kräfte sich dereinst anschicken könnten, das Rad der Geschichte sogar unter starkem Beifall großer Teile ihrer Völker zurückzudrehen."

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