EIN WORKSHOP ZUM „SCHÄFERHUND-HOAX“, KRITISCHER GESCHICHTSWISSENSCHAFT UND AKADEMISCHEM TRENDSURFING
Ein Schäferhund des Zolls an der deutsch-deutschen Grenze 1984
Vincent Kitts / DoD photo, USA ID: DAST8512349 / Public Domain
Freitag, 28. Oktober 2016, 10-18 Uhr
Technische Universität Berlin
Hardenbergstr. 16-18
10623 Berlin
Räume HBS 002 oder HBS 005
Der „deutsch-deutsche Schäferhund“ geistert seit dem Frühjahr durch Online-Medien und die deutsche Presse. Während die Wissenschaftsparodie von Alan Sokal vor 20 Jahren jedoch ausführliche Debatten nach sich zog, hat der Hunde-Hoax, mit dem eine Gruppe anonymer Satiriker*innen auf einer Berliner Nachwuchstagung zu Human-Animal-Studies und in der Hauszeitschrift des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts reüssierte, innerhalb der Geschichtswissenschaft bislang auffällig wenig Resonanz gefunden. Das ist erstaunlich, fordert die frei erfundene Studie über Schäferhunde in NS-Konzentrationslagern, sowjetischen Speziallagern und an der innerdeutschen Grenze Historiker*innen und Geisteswissenschaftler*innen doch gleich in mehrfacher Hinsicht heraus: Auf dem Prüfstand stehen neben wissenschaftlichen Qualitätsstandards und kritischer Urteilskraft auch das Verhältnis der Geschichtswissenschaft zu ideologisierten Deutungen der Vergangenheit und die innerfachliche Debattenkultur.
Dieser Workshop nimmt den „Schäferhund-Hoax“ zum Anlass für eine kritische Selbstbefragung auf epistemischer, wissenssoziologischer und inhaltlicher Ebene. Er möchte kein Tribunal inszenieren, sondern den Raum für eine offene und kontroverse Debatte öffnen. Anstatt altbekannte Antworten wiederzukäuen, zielt er darauf ab, (selbst)kritische Fragen zu entwickeln und zur Diskussion zu stellen: Welche Bedeutung haben Relevanz und Plausibilität in einem Fachdiskurs, der zunehmend auf Innovativität, Anschlussfähigkeit und Exzellenz in der Selbstdarstellung ausgerichtet ist? Was heißt wissenschaftliche Kritik, wie geht kritische Wissenschaft in einem projektförmig organisierten und zunehmend prekarisierten akademischen Feld? Welche Chancen und Risiken sind mit neuen Zugängen wie den Human-Animal-Studies verbunden, und in welchem Verhältnis stehen diese zur Persistenz des Totalitarismusparadigmas? Kurzum: Was ist aus dem „Schäferhund-Hoax“ aus geisteswissenschaftlicher Sicht zu lernen?
Vorgesehen sind drei jeweils 90-minütige Diskussionen, die nach kurzen Impulsvorträgen ein niedrigschwelliges Forum für einen diskursiven Austausch bieten sollen:
Programm
10.00 Uhr Begrüßung und Einführung
10.30 Uhr
Animal agency total(itär): Politische Erkenntnisinteressen und wissenschaftliche Erkenntnispotenziale alter und neuer Forschungsparadigmata
12.00 bis 13.00 Uhr Mittagspause
13.00 bis 14.30 Uhr
„Kultur statt Wissenschaft“? Geschichtswissenschaft zwischen postmoderner Schäferhund-Hermeneutik und „Vetorecht der Quellen“
14.30 bis 14.45 Uhr Pause
14.45 bis 16.15 Uhr
Von turn zu turn zu turn: Zum Status wissenschaftlicher Kritik in Zeiten akademischen Projekt- und Trendsurfings
16.15 bis 16.30 Pause
16.30 bis 18.00 Uhr Abschlussdiskussion mit Beteiligten des Schäferhund-Hoax sowie namhaften Vertreter*innen aus Geschichts- und Kulturwissenschaften
Organisiert von Enrico Heitzer, Sven Schultze sowie Peter Ullrich und dem Zentrum Technik und Gesellschaft/Bereich „Soziale Bewegungen, Technik, Konflikte“
Um Anmeldung bis 25.10. wird gebeten.
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